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familie am ende


Was ist die Familie heute noch wert?" Mit dieser Frage beschäftigt sich der Familienforscher Prof. Dr. Hans Bertram an der Humboldt Universität in Berlin. Der Mikrosoziologe hat die Veränderungen von Familienstrukturen untersucht und fordert eine Arbeitswelt, die Rücksicht auf Kinder und Eltern nimmt. Mit Hans Bertram sprach Alva Gehrmann.



Gibt es die traditionelle Familie noch, oder ist sie ein aussterbendes Modell?



Die traditionelle Familie gibt es definitiv noch. Auch heute wachsen über 80 Prozent der Kinder bei ihren beiden leiblichen Eltern auf.



Dabei hat man manchmal den Eindruck, dass die Zahl der allein erziehenden Eltern auf dem Vormarsch ist.



Das täuscht. Die Zahl der so genannten Ein-Elternfamilien war sogar schon mal größer: Bei den Geburtsjahrgängen zwischen 1935 und 1940 etwa. Das lag daran, dass viele der Väter damals im Zweiten Weltkrieg gefallen sind. Überhaupt wurden Kinder früher viel häufiger mit Problemen wie Krieg, Tod oder Kindersterblichkeit konfrontiert. Im gesamten 20. Jahrhundert hat jedes dritte Kind den Verlust eines Elternteils erlebt.



Dafür wurden sie weniger mit der Scheidung ihrer Eltern konfrontiert.



Das stimmt. Inzwischen hat die Scheidung den Tod ersetzt - auch bei kinderlosen Ehepaaren. Denn früher wurden nur fünf Prozent der Menschen älter als 65 Jahre, da war die Ehe allein schon deshalb zeitlich begrenzt.

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Wenn man es so sieht, leben die Ehepaare heute unverhältnismäßig lange zusammen. Zudem spielten vor hundert Jahren bei der Hochzeit auch rationale Überlegungen eine bedeutende Rolle; schließlich war die Frau von ihrem Mann finanziell abhängig.



Wie hat sich sonst noch die Familienstruktur in den vergangenen hundert Jahren verändert?



Gewandelt hat sich vor allem die ökonomische Basis der Familie. Heute ist der Vater meist nicht mehr der alleinige Ernährer. Arbeitete früher ein Drittel der Frauen, sind es mittlerweile fast die Hälfte. Zum einen weil die Frauen arbeiten wollen und zum anderen weil dieses Geld gebraucht wird. Denn Kinder großzuziehen ist teurer geworden - und dauert länger. Endete die ökonomische Verantwortung damals in der Regel mit dem 14. Lebensjahr, wird der "Nachwuchs" heute bis zu 25 Jahre lang gefördert.



Die Tatsache, dass mehr Mütter arbeiten gehen, schafft ja auch neue Probleme. Sie müssen stets versuchen, ihre Arbeit und die Familie in Einklang zu bringen. Was sollte sich da - Ihrer Meinung nach - ändern?



Arbeitgebern sollte klar sein, dass, wenn sie jemanden einstellen, derjenige nicht nur eine Arbeitskraft zur Verfügung stellt, sondern auch seine Person. Und die hat vielfältige Lebensvorstellungen. Es sollten mehr Modelle entwickelt werden, die die Bedürfnisse des Privat- und Berufslebens vereinbaren. Das kann zum Beispiel durch flexible Arbeitszeiten ermöglicht werden, aber auch dadurch, dass sich die Männer genauso für die Kindererziehung zuständig fühlen wie die Frauen.



Bei neuen Arbeitsmodellen bedarf es auch der Unterstützung des Staates. Sind Sie mit der Familienpolitik der Bundesregierung zufrieden?



Die Ideen und das Konzept der Familienpolitik sind durchaus gut. Doch mehr kann ich Ihnen dazu derzeit nicht sagen, da ich Mitglied der Familienberichtskommission bin, die von der Bundesregierung beauftragt wurde, bis zum Jahr 2005 einen "Bericht zur Lage der Familie" zu erarbeiten.



Wie sieht die Familie der Zukunft aus?



Genau das soll in dem Bericht für die Bundesregierung auch erörtert werden. Sicher ist, dass die Geburtenrate in Deutschland mit 1,3 Kindern sehr niedrig ist - auch weil es derzeit so schwer ist, Familien und Beruf zu vereinen. Es darf nicht sein, dass das Berufsleben das Familienleben in Frage stellt.



In den USA bekommt jede Frau noch durchschnittlich zwei Kinder. Was hindert die Deutschen an der Familiengründung?



Ein Grund dafür ist sicher - neben der Vereinbarkeit von Beruf und Familie - auch der lange dauernde Berufsfindungsprozess. In Deutschland steigen viele Hochschulabsolventen nicht vor dem 30. Lebensjahr ins Berufsleben ein. Das führt dazu, dass diese erst danach eine Familie gründen - oder eben kinderlos bleiben. In den USA ist die Ausbildungszeit wesentlich kürzer. Hier kann ein Student schon mit 22 oder 23 Jahren komplett fertig sein. Zudem erleichtert ein gestuftes Ausbildungssystem, unterschiedliche Lebensphasen besser miteinander zu verbinden - England hat ein ähnliches System und kommt immerhin auf eine Geburtenrate von 1,7.



Insgesamt betrachtet: Hat die Familie in Deutschland an Wert verloren?



Nein, das sieht man auch an Umfragen bei jungen Menschen. Die Shell-Studie zum Beispiel hat herausgefunden, dass bei den Befragten die Familie ganz weit vorne steht. Es findet jedoch zunehmend eine Polarisierung statt. Die einen entscheiden sich ganz dagegen, die anderen wollen eine Familie gründen - und zwar mit allem, was für sie dazu gehört: Treue und Kinder.